erschienen in: GO64! - Das Magazin für Computerfreaks, Ausgabe 6/99
 

Hello World,

was unterscheidet eine gute Hardwareseite von einer wirklich guten? Die wirklich gute Hardwareseite listet nicht nur Anleitungen zum Selbstbau bekannter Hardware, nein, sie beinhaltet auch noch selbstentwickelte Projekte.

Diesmal will ich dem Namen dieser Kolumne etwas gerechter werden: Statt eher philosophischen Betrachtungen darüber, was theoretisch möglich ist, stelle ich Euch heute eine dieser wirklich guten Hardwareseiten vor. Für die Leser, denen es - wie immer - nicht schnell genug gehen kann, hier gleich die URL:

http://www.tu-chemnitz.de/~fachat/8bit
(Schwups, das Heft fliegt in die Ecke und alles rennt zum Browser... Wie gut, daß es noch Leute ohne Internetzugang gibt, so schreibe ich hier wenigstens nicht völlig vergebens.)

Der geneigte Surfer findet hier eine Vielzahl verschiedenster Selbstbauprojekte, so z.B. ein komplett eigenständiges 6502-basiertes Computersystem (Gecko) mit einer Vielzahl von Peripheriegeräten basierend auf dem CS/A-Bus. Nun wäre das für C64-Fans nur von eher theoretischem Interesse, hätte André Fachat, der Seiteninhaber und Entwickler der hier vorgestellten Hardware, nicht auch ein spezielles Interface entworfen, welches ermöglicht, diese Peripherie auch an den C64 anzuschließen.
 

Das CS/A-Interface

Dieses Interface nimmt die Anpassung des CS/A-Peripheriebusses an den C64 vor und erlaubt die Verwendung von nicht speziell an den C64 angepaßten CS/A-Hardwareprojekten. Wer sich für die Eigenheiten des CS/A-Busses interessiert, findet in der CS/A-Abteilung dieser Homepage eine detaillierte Beschreibung.
 

1200Baud ist nicht alles: RS232-Interfaces

Serielle Kommunikation mittels CIA6526 - eine eher langsame Sache, denn hier hatte doch stets die CPU alle Arbeit zu leisten. Doch es geht auch schneller, wie man spätestens seit SwiftLink weiß. Auch auf dieser Page findet man ein ACIA6551-basiertes RS232-Interface - doch viel aufregender (und in dieser Form auf m.W. keiner anderen Seite zu finden) ist jedoch das 16550-basierte RS232-Interface. Wer den 16550 nicht kennt - genau dieser Chip verhilft PCs zu überragenden 115200 Baud übertragungsrate. Natürlich gibt´s hierfür nicht nur die Bauanleitung sondern auch Beispielroutinen bzw. sogar ein gepatchtes Kernal!
 

Es war einmal: IEEE488

IEEE488 ist eigentlich der klassische Commodore-Peripheriebus. In ihrer unergründlichen Weisheit entschieden jedoch die Commodore-Marketingstrategen, daß solch ein Bus viel zu aufwendig sei für einen Heimcomputer und verpaßten erstmals dem VC20 und später dann auch C64 und C128 eine serielle Variante des IEEE488-Bus - den IEC-Bus. So konnte man tolle neue Peripherie verkaufen - die dank Serialisierung etwa um den Faktor 8 langsamer war - und verhinderte die Benutzung der ´´professionellen´´ Geräte wie Doppelfloppy, 1MB-Floppy oder gar Festplatten.

Bereits 1985 wurden in der Zeitschrift 64´er entsprechende Interfaces für den C64 sowie die 1541 veröffentlicht. Letzteres findet sich auch auf André Fachats Seite, allerdings auch der Schaltplan des original Commodore IEEE488-Interface für den C64. Besondere Aufmerksamkeit verdient der IEEE488-nach-IEC-Konverter, welcher es ermöglicht, ein beliebiges IEEE488-Gerät an den seriellen IEC-Bus anzuschließen.
 

SCSI-Interfaces

Das CMD-SCSI-Interface erfreut sich großer Beliebtheit - bei mir allerdings nicht: Nicht nur, daß es schlicht zu teuer ist - der Preis von ca. DM500 für einen 6502-basierten Rechner ist eigentlich schon Wucher. Billiger geht´s auf dieser Page, denn hier gibt es SCSI-Interfaces in Hülle und Fülle.

Wer sich nicht scheut, seinen C64 mit Festplattenadressierung zu quälen, kann sich für vergleichsweise wenig Geld das einfache SCSI-Interface basteln: Dieses nimmt streng genommen lediglich eine Pegelanpassung der SCSI-Signale vor. SCSI-Protokoll und Festplattenadressierung müssen in Software vom C64 erledigt werden. Dies bedarf entweder eines speziell gepatchten Kernals oder nachzuladender Treiber - der Nachteil dieser Billiglösung.

Wesentlich aufwendiger sind die anderen zwei Interfaces, da sie - wie das CMD-Interface - einen kompletten 6502-Rechner enthalten. Somit muß sich der C64 nicht mehr mit der Plattenadressierung herumplagen - nein, er kann das Interface gar wie jede andere Speicherperipherie über den IEC-Bus ansprechen. Somit braucht es keine Spezialsoftware auf C64-Seite. Der Unterschied zwischen beiden Interfaces liegt in den Kommunikationsbausteinen - Interface Nummer 2 verwendet den 6526 und beherrscht sogar den Burst-Mode! Diese zwei Interfaces sind jedoch zum augenblicklichen Zeitpunkt lediglich Konzeptstudien - es mangelt ihnen an entsprechender Software. Hier sind die Programmierer unter Euch gefordert!
 

CS/A-Peripherie

Nur über das CS/A-Interface nutzbar sind die folgenden zwei Erweiterungskarten: Dual Screening beim C64? 3 Monitore am C128? Werft einen Blick auf die 6845/6545-basierte Videokarte. Wem die Typenbezeichnungen nichts sagen, diese Chips sorgten bei den älteren PCs für die CGA-Grafik und waren bereits zu PET-Zeiten für "hochauflösende Farbgrafik" zuständig.

Wer stets der Meinung war, es sei unmöglich PC-Floppies an den C64 anzuschließen, der wird mit der Floppy-Controller-Karte eines besseren belehrt. Basierend auf dem WD1772 (der auch in der 1581 zum Einsatz kommt) ermöglicht diese Karte den Anschluß aller Shugart-Bus-kompatiblen (d.h. in der PC-Welt üblichen) Floppylaufwerke. Zur Ansteuerung von 1.44MB-Laufwerken wird dieser Chip übrigens um das Zweifache übertaktet - ein Trick, der schon dem Atari ST zu HD-Disks verhalf... Es bleibt mir der Hinweis, daß diese übertaktung nur mit WD1772 ab Version 2 (WD1772-02-02) funktioniert, wer zufällig noch WD1772-00-00 in der Bastelkiste hat, muß sich mit 720kB zufrieden geben.
 

Fazit

Eine tolle Seite! Wer es leid ist, auf jedem C64-Server die immer gleichen Bauanleitungen finden, wird hier voll auf seine Kosten kommen. Sehr schön ist außerdem, daß zu den meisten Projekten Beispielsourcecode bzw. teilweise sogar komplette Kernelpatches existiert, denn was hilft einem die tollste Bauanleitung, wenn man sich die Software hierfür selbst hart erarbeiten muß?

Doch auch ohne die Software stellen die Projekte eine wirklich gute Anregung für den ambitionierten C64-Bastler dar. Und so möchte ich an dieser Stelle wieder einmal mit einem Aufruf schließen:

Wer schafft es als erster, basierend auf den Entwürfen von André Fachat ein vollkompatibles SCSI-Interface für den IEC-Bus zu entwickeln?

Euer Rainer