erschienen in: GO64! - Das Magazin für Computerfreaks, Ausgabe 5/2000

Digitalisieren von Daten

Hello World,

"Du wirst jetzt digitalisiert!", war gewissermassen das Todesurteil in der Fernsehserie "Captain Power". Im wirklichen Leben stellt sich das allerdings wesentlich undramatischer dar...

Analog? Digital?

Die Welt spricht nicht nur Visa (so will es uns zumindest die Werbung weismachen), vielmehr ist sie vor allem analog. Dies bedeutet, dass Messwerte sich nicht in diskreten Stufen darbieten sondern gewissermaßen fließend sind - nehmen wir eine Linie als Beispiel: Im wirklichen Leben vollkommen "glatt" und ohne Treppchen will sie doch auf dem Monitor nie so realistisch erscheinen wie in Natura. Der Grund ist ein einfacher, ist doch die Videohardware des C64 gar nicht in der Lage, die einzelnen Linienpunkte so eng nebeneinander zu setzen, dass sich für unser Auge eine glatte, durchgängige Linie ergibt (tatsächlich macht es z.B. ein Laserdrucker ebenfalls nicht anders, allerdings entspricht hier einem Pixel die Größe eines Tonerstäubchens).

"Digital" ist abgeleitet vom lateinischen "digitus", Finger also. Die Idee dahinter ist, dass (bildlich gesprochen) der Finger auf jeden Messpunkt gelegt wird. Und somit wird auch klar, was das mit obigem Beispiel zu tun hat: Hier entspricht ein Pixel jeweils einem Messpunkt. Ebenfalls deutlich wird, wie wir dem "Treppcheneffekt" vorbeugen können - nämlich durch Erhöhung der Auflösung, sprich einer Verkleinerung der Messintervalle.

Aus analog wird digital...

Wie wandelt man nun ein analoges Signal in einzelne, diskrete Messwerte?

Dies ist zugegebenermaßen eine etwas delikate Angelegenheit. Die naheliegendste Möglichkeit ist natürlich, das zu digitalisierende Signal mittels direkter Vergleiche in das entsprechende Bitmuster umzusetzen: Diese Methode ist extrem schnell und verdankt dieser Tatsache auch ihren Namen, solche A/D-Wandler nennt man auch "Flashwandler".


Flashwandler

Der Haken an der Sache ist jedoch, dass man für jeden Messpunkt einen eigenen Vergleicher benötigt - nun wissen wir z.B. dass mit einer Auflösung von 8Bit 256 Messwerte abgedeckt werden können, ein 8Bit-Flashwandler besteht somit aus 256 Vergleichern nebst nachgeschaltetem Umcodierer, der die 256 einzelnen Zustände der Wandlung auf einen 8Bit-Wert abbildet.

Einfacher, aber ungleich langsamer, geht's mit der sogenannten sukzessiven Approximation: Hierbei erzeugt man über einen Digital/Analog-Wandler einen Referenzwert und vergleicht diesen mit der zu messenden Größe. Erzeugt wird der Referenzwert mittels eines Zählers: Wird die Wandlung gestartet, zählt dieser von 0 hoch und wird so lange erhöht, wie der Referenzwert kleiner als der Messwert ist. Dieser so ermittelte Zählerzustand repräsentiert die digitale Näherung der zu messenden analogen Größe - hierzu sind im Extremfall (maximaler Messwert) alle Zählerzustände zu durchlaufen. Nun darf allerdings die Wandlung nicht beliebig lange dauern, denn die Abtastung analoger Signale darf eine bestimmte Zeitdauer nicht überschreiten.


Sukzessive-Approximations-Wandler

Nyquist und Shannon

Diese beiden Herren formulierten das sogenannte Abtasttheorem, welches besagt, dass die maximal abtastbare Frequenz exakt die Hälfte der Abtastfrequenz beträgt. Was heißt das nun? Nehmen wir als Beispiel den heimischen CD-Player: Dieser gibt die Musikdaten mit einer Rate von 44.1kHz wieder, die maximale Wiedergabefrequenz beträgt somit 22.05kHz.

Was passiert aber, wenn man gegen dieses Theorem verstößt? Bildlich gesprochen läuft das abzutastende Signal der Abtastung davon und man erhält bei der Abtastung statt des gewünschten Signals eine parasitäre Frequenz, die sich durch die "falsche" Abtastung ergibt. Folgende Grafik mag dies veranschaulichen:


Aliasing

So richtig deutlich werden diese sogenannten Alias-Frequenzen bei der Transponierung des Signals nach unten, d.h. wenn man sie mit einer Rate unterhalb der Abtastfrequenz wiedergibt, weshalb man üblicherweise die unerwünschten, höherfrequenten Signalanteile mit einem sogenannten Tiefpassfilter abtrennt: Dieses Filter lässt idealerweise nur Frequenzen unterhalb der Nyquist-Frequenz passieren und beugt somit dem Alias-Effekt vor.

Ok, es ist im Rechner - und nun?

Alles Sampling nützt natürlich nichts, wenn man die digitalen Daten nicht wiedergeben kann. Die Rückwandlung digitaler Werte in analoge Signale ist sehr einfach und geschieht über ein Widerstandsnetzwerk, welches aufgrund seiner speziellen Beschaffenheit auch R-2R-Netzwerk genannt wird:


R2R-Netzwerk

Um das "Treppensignal" zu glätten, wird das so rückgewandelte Signal abermals durch ein Tiefpassfilter geschickt.

Bitraten und Auflösungen

Regelrechte Glaubenskriege entbrennen regelmäßig unter den Audiophilen: Puristen behaupten, dass eine digitale Aufzeichnung nie so "warm" und "rund" klingen kann wie eine analoge, bei der gemäßigteren Fraktion streitet man sich lediglich um die optimale Abtastrate und Auflösung, doch was heißt das eigentlich?

Die Auflösung bestimmt gewissermaßen die Höhe der Treppchen: Je mehr Bits hierfür aufgewendet werden, umso feiner lassen sich die Treppchen (sic!) abstufen. Die Abtastrate hingegen bestimmt die Breite der Treppchen. Anhand dieses Beispiels wird recht schnell klar, daß beide Werte miteinander gekoppelt sind, denn was nützt eine Auflösung von 24Bit, wenn man nur mit 1kHz abtastet. Umgekehrt entsprechend: Wozu mit 64kBit abtasten, wenn man nur mit einem Bit Auflösung arbeitet und somit jedes Signal auf eine Rechteckwellenform abbildet...

Beim C64 kennen wir zwei verschiedene Auflösungen: Die traditionelle Auflösung entstammt dem "Mißbrauch" des Lautstärkeregisters zur Samplewiedergabe und beträgt 4 Bit, d.h. 16 Stufen. Mischt man jedoch zwei Samples, wie dies einige Digiplayer tun, reduziert man die Auflösung auf nur 2 Bit, d.h. 4 Stufen pro Sample. (Diesem Umstand begegnet man übrigens in der Studiotechnik durch die Verwendung von 24Bit-Aufnahmegeräte beim Mastering: Selbst wenn man 8 Samples zusammenrechnet - mischt - beträgt die resultierende Auflösung immer noch 16Bit. Von dem hierfür notwendigen Speicher und der Rechengeschwindigkeit können wir beim C64 jedoch nur träumen.)

In den letzten Jahren kamen 12Bit-Digiplayer in Mode: Hier wird statt des Lautstärkeregisters die Pulsbreitenmodulation (PWM von engl. pulse width modulation) zweckentfremdet und erzielt somit eine Auflösung in 4096 Stufen. Charakteristisch für diesen Modus ist jedoch das hochfrequente Pfeifen der Trägerfrequenz, auf die mittels PWM das Sample aufmoduliert wird.

Bitraten im Wandel der Zeit

Die Telekom erachtete seinerzeit eine Abtastrate von 3.4kHz für absolut ausreichend - was zum typischen "Telefonsound" führte: Für Sprache reichte diese Bandbreite problemlos aus, doch Musik ließ sich beim besten Willen nur schwer übertragen.

Im Audio-Bereich waren lange Zeit 32kHz/8Bit "high quality" - Prozessorleistung und Speicherpreise ließen mehr einfach nicht zu. Mit der Einführung der CD wurde diese Meßlatte mitte der 80er auf 44.1kHz/16Bit hochgeschraubt, was die oben beschriebene Aufrüstung der Studiotechnik nach sich zog.

Heute, im Zeitalter der DVD denkt man indes gar an 96kHz/24Bit - ob man den Unterschied jedoch wirklich hört, bleibt dem persönlichen Höreindruck überlassen...