erschienen in: GO64! - Das Magazin für Computerfreaks, Ausgabe 7/98

Hallo zusammen,

heute erfuhr ich, daß es von Asus ein Quattro DEC Alpha-Board fuer 666MHz-Alphas gibt - inklusive 1GB RAM und einem 1.8ns schnellen 2nd-Level-Cache kostet das Ding DM4450 - ohne Prozessoren, versteht sich. Mein Sysadmin erzaehlt mir, er haette jetzt in dem einen Rechner 128MB RAM, im Server gar 256MB. Irgendwie läßt mich das aber kalt, es ist zur Gewohnheit geworden, daß die RAM-Preise sich quartalsmäßig halbieren bei gleichzeitiger Verdopplung der Speicherkapazität. Eine Festplatte unter 6GB würde ich mir heute gar nicht mehr kaufen - schon gar nicht, wenn sie mehr als DM300 kostet. Die Grafikkarte mit 12MB RAM und tollen 3D-Funktionen läßt mich nur mit der Achsel zucken - und mal ehrlich, eine 128 stimmige Soundkarte reißt doch auch keinen mehr vom Sockel.

Irgendwie schade, denn ich kann mich noch gut an die Aufregung erinnern, als ich das erste mal an einem Computer (einem Sharp MZ80K) saß. Klar, daß ich auch nen eigenen Computer haben wollte - und so kam ein Sinclair ZX81 ins Haus. Beeindruckend, was man mit dem serienmäßigen Kilobyte so anfangen konnte - noch beeindruckender, was mit 16kB möglich war. Dann sah ich einen C64... Wahnsinn. Der Traum schlechthin. 64kB Speicher, tolle Grafik und was für ein Sound. Summer Games, Falcon Patrol, Zaxxon - das waren Games. Später dann Paradroid, Antiriad... Und als ich die ersten Demos sah, fiel mir der Unterkiefer aus dem Gesicht. Das konnte der C64 doch gar nicht! 1986 sah ich dann den ersten Amiga in Aktion. Ich war um den Schlaf gebracht. Diese Farben! Und erst der Sound... Und das Ding hatte doch tatsächlich 256kByte RAM, später 512 - und man konnte es sogar auf fast 9MB (!) aufrüsten. Festplatten mit 40MB waren riesig, denn eigentlich paßte ohnehin alles auf eine dieser tollen 880kB fassenden 3.5"-Disks drauf.

Und heute? Heute habe ich hier einen K6-200 stehen, der eigentlich auch schon wieder zum alten Eisen gehört, auch wenn er gerade mal ein Jahr alt ist. So ein PII-300 wäre eigentlich zeitgemäß, aber warum sollte ich mir den kaufen, denn spätestens in einem halben Jahr ist der ohnehin Uraltschrott. Immerhin hat Samsung schon den 1GHz-Alpha im Labor laufen. Den Speicher könnte ich auch mal nachrüsten, denn 64MB sind doch eigentlich schon wieder fast zu poplig. Und mit meiner S3-Karte mit 2MB mache ich mich ja lächerlich... Aber warum sollte ich aufrüsten? Der PC ist für mich ein Arbeitspferd. Er macht mir keinen Spaß. Klar, spielen kann man damit auch, aber irgendwie sind die doch ohnehin alle gleich. Und programmieren? Sicher, wenn ich mir erst mal einen Compiler anlache für DM1000 ... Und dann muß ich mich gut in das Betriebssystem einarbeiten. Wäre ja noch schöner, wenn man ein Programm heute einfach so schreiben könnte ohne vorheriges Studium der Betriebssystem-API. Assembler? Vergiß es am besten gleich wieder, ich meine, wer ist denn so pervers und möchte ein Windows95 oder gar NT in Assembler programmieren - zumal das in der Performance ohnehin nicht sonderlich spürbar wird. Das Programm ist zu langsam? Selbst schuld, wenn Du nur einen Pentium 133 hast, ein PII-266MMX muß es schon sein. Das Programm frißt zu viel Speicher? Naja, also 32MB sind ja nun auch wirklich lächerlich, oder?

Da lobe ich mir meinen C64. Den kann man auch ohne Hochschulstudium programmieren. Vor allen Dingen wird er aber effektiv programmiert. Und wenn ich mir ansehe, daß selbst heute noch neue, abgedrehte Effekte aus dieser alten Mühle herausgeholt werden, was man alles in 64kByte unterbringen kann, dann weiß ich, wofür dieser Computer steht: Spaß und Faszination. Beides Dinge, die von heutigen Computern leider nicht mehr ausgehen...
 

Rainer Buchty