erschienen in: GO64! - Das Magazin für Computerfreaks, Ausgabe 5/99

The last ressort

Hardware-Schmieden für den C64/128 gibt es heutzutage eigentlich kaum noch. Die bekannteste ist zweifelsohne CMD, welche bereits seit nunmehr fast 12 Jahren im Geschäft sind. Dies, und der durch die neue CMD-Webpage ausgelöste Schock (siehe "Nachgehakt") sind Grund genug, diese Firma einmal näher zu beleuchten.

von Rainer Buchty
 

JiffyDOS - der Wirtschaftsmotor

Alles begann im Jahre 1986 mit einem Stück Software: JiffyDOS. Dies wurde zunächst noch von seinem Entwickler, Mark Fellows, direkt vertrieben, was sich bereits 1987 änderte: Zu diesem Zeitpunkt stießen Charles A. und sein Vater Charles R. Christianson, beides Verwandte von Mark Fellows, hinzu. Letztere kümmerten sich vornehmlich um die Vermarktung von JiffyDOS, dessen Verkaufszahlen zunehmend stiegen - und so wurde Ende 1987 die Firma Creative Micro Designs, Inc. (kurz: CMD) gegründet. Bereits im April 1988 war die Nachfrage nach JiffyDOS und der Erlös aus dessen Verkauf groß genug, um aus dem Hobbyprojekt CMD eine Vollzeitbeschäftigung werden zu lassen.
 

Hardware-Entwicklungen

Zu dieser Zeit waren Festplatten auf allen Computersystemen bereits etabliert und so lag es nahe, auch dem C64 zu einem Festplattenanschluß zu verhelfen. Die Wahl fiel auf den damals wie heute populären SCSI-Bus. Was den CMD-Festplatten zu ihrem Erfolg verhalf, war indes abermals die Software: Das DOS des CMD-Festplattensystems war auf maximale Kompatibilität ausgelegt und ermöglichte es, daß Festplattenpartitionen wie normale 1541/71-Laufwerke angesprochen werden konnten. Nach vergleichsweise kurzer Entwicklungszeit gelangten diese Laufwerke 1990 auf den Markt und erfreuen sich noch heute großer Beliebtheit.

Der Zeitpunkt war gut gewählt, denn GEOS war - nach einem eher zögerlichen Start - massiv auf dem Vormarsch und so mangelte sehr an einem adäquaten Massenspeicher, denn das ständige Diskwechseln fiel doch mehr als lästig. Die Alternative, mehrere Diskettenlaufwerke, war allerdings auch nicht jedermanns Sache... Von Commodore gab es leider damals schon keine Unterstützung mehr, denn sowohl 1581-Laufwerke als auch die für GEOS eigentlich zwingend nötige RAM Expansion Unit (REU) wurden nur noch als Restposten verkauft. Dies erkannte auch CMD und entwickelte 1991 flugs die RAMLink: Dies war - konzeptionell - nichts anderes als eine akkugepufferte Speichererweiterung. Was sie jedoch von einer REU unterschied, war ihr eingebautes DOS. Eine RAM-Erweiterung mit DOS? Ganz richtig - denn die RAMLink war nicht etwa ein einfacher REU-Ersatz, nein, es war gewissermaßen eine vollwertige RAM-Disk mit bis zu 16MB Speicherplatz. Es dauerte allerdings bis 1992, bis GEOS die RAMLink zufriedenstellend unterstützen konnte.

1992 wurde überdies, nachdem die 1581 nahezu nicht mehr erhältlich und schier mit Gold aufgewogen wurde, ein kompatibler Nachfolger hierfür entwickelt: die FD-Floppylaufwerke. Diese waren indes nicht nur einfache Clones sondern konnten - je nach Typ - auch HD (1.44MB) oder gar ED (2.88MB) Disketten verwenden.

All diese Laufwerke - HD, FD und RAMLink basierten softwareseitig auf dem ursprünglichen JiffyDOS, welches sich somit als ein echtes Universalgenie herausstellte.
 

Turbolader für Commodore

Das wohl bekannteste Produkt vom CMD dürfte die SuperCPU (SCPU) sein - und dabei ist die SCPU streng genommen nur eine von vielen Turbokarten. Bereits mitte der 80er offerierten diverse Firmen Turbokarten mit so klangvollen Namen wie TurboAccess und Flash8, es gab sogar eine Bauanleitung in der c't, der heute wohl bekanntesten PC-Fachzeitschrift. Was die SCPU so besonders machte, war die Geschwindigkeit (20MHz) und vor allen Dingen, daß sie zufriedenstellend funktionierte: Die älteren Turbokarten krankten nämlich alle an Timingproblemen, welche oftmals zu Abstürzen führten. Hierbei war der Besitzer der Karte gefragt, er mußte nämlich seine Turbokarte "feintunen" - diese Probleme gab's mit der SCPU nie. Weiterhin verfügt die SCPU über ein schnelles RAM-Interface, über das direkt 16MB angesprochen werden können. Müßig zu sagen, daß die SCPU die bei weitem aufwendigste Hardwareentwicklung von CMD war.
 

Paperware

Hierzulande nicht unbedingt überall bekannt: CMD verlegt auch eine eigene Publikation, die Commodore World. Dieses Magazin erschien noch bis einschließlich 1997 8x pro Jahr und war für den US-amerikanischen (bzw. generell englischsprachigen) Markt das, was für uns heute die GO64! ist. Leider ist die Zukunft der Commodore World mehr als ungewiß, so erschien das letzte Exemplar - nach bereits sehr unregelmäßiger Auslieferung der vorherigen Ausgaben - im Frühherbst des vergangenen Jahres. Abonnenten berichten, daß die Jahresgebühr für das kommende Jahr bereits eingezogen ist - aber das war bei der Anfang 1999 doch sehr spontan eingestellten Zeitschrift "elrad" auch der Fall. Man darf also gespannt sein.

Und in Zukunft?

Der C64-Markt bröckelt und bröckelt, darüber kann nichts hinwegtäuschen. Umso erfreulicher, daß CMD dem C64 (noch) die Stange hält und auch in Zukunft Hard- und Software anbieten wird. Neue Hardware wird's aber wohl leider nicht mehr geben - was aber auch nur zu verständlich ist, führt man sich die hohen Entwicklungskosten beispielsweise einer SCPU vor Augen. Und so hat sich CMD auch anderen Märkten zugewandt, um hierdurch das Fortbestehen dieser kreativen Firma zu sichern. Ob sich CMD allerdings auch noch längerfristig dazu entscheidet, Commodore-Hardware zu vertreiben, steht in den Sternen und ist eine simple Rechnung: So lange es sich für CMD noch rentiert, werden sie Hardware verkaufen.

Doch was, wenn nicht? Es klingt bitter - aber dann bleibt primär nur noch der Gebrauchtmarkt, denn nur wenige Hardwarefreaks haben die Energie von CMD für ihre Projekte aufgebracht und so existieren zwar durchaus einige interessante Ansätze wie auch fertige Geräte, es hapert hier aber meist an der Softwareunterstützung. Gerade dies wäre aber ein Schritt in Richtung Unabhängigkeit von CMD, denn gegenwärtig ist der Schock, den das Gerücht, CMD würde sich vom Commodore-Markt abwenden, auslöste, mehr als berechtigt: Das Ende von CMD würde auch das Ende des (kommerziellen) C64/128-Hardwaremarktes bedeuten. Es liegt in unser aller Hand, dies zu ändern.

Doch noch ist es nicht so weit - und wer sich nun ein solches Stück exklusiver Hardware bestellen möchte, der braucht übrigens nicht extra in den USA zu ordern: Bequemer geht's über den GO64! Hardwareversand!


Nachgehakt

von Rainer Buchty

Panik herrscht im Netz, seitdem auf der CMD-Webseite auch noch Support für andere Systeme (Apple und vor allem Windows-PCs) offeriert wird. Ist dies das Aus für den C64? Hat CMD der Commodore-Abteilung den Todesstoß versetzt und ist dem Evil Empire anheimgefallen?

Hierzu möchte ich zunächst die Stellungnahme von Doug Cotton, CMD Inc., vom 5. April 1999 zitieren:

"Die Unterstützung anderer Computerplattformen begann [...] bereits 2 Jahre zuvor [...], um den sinkenden Umsatz im Commodore-Bereich aufzufangen. Dieser Umsatz stagnierte kontinuierlich und so begann der Verkauf von Macintosh- und Windows-Systemen [...]. Die Änderungen auf unserer Website weisen nun nicht auf einen plötzlichen Wechsel in unserer Firmenphilosophie hin sondern sind lediglich Ausdruck des Wandels, den unser Geschäft in den letzten Jahren erfahren hat. [...]

Es gibt keine Änderung hinsichtlich des Vertriebs von Commodore-Produkten [...] und wir werden auch weiterhin solche Produkte herstellen, solange sich deren Verkauf rentiert. Wir wissen nicht, wie lange dies noch der Fall sein wird [...] Bezüglich der Entwicklung neuer Commodore-Produkte ist zu sagen, daß in diesem Sektor keine größeren Entwicklungen geplant sind [...] Es wird jedoch eventuell ein oder zwei kleinere Entwicklungen geben, was sich im Verlaufe der nächsten Monate entscheiden wird. Gerne würden wir mehr als dies tun, jedoch ist dies aufgrund der gegenwärtigen Marktsituation schlichtweg nicht möglich"

Entwarnung also: CMD wird auch weiterhin Hardwareprodukte für den C64/C128 vertreiben. Neuentwicklungen wird es allerdings mit ziemlicher Sicherheit keine mehr geben und auch die Neuauflage von "Altprodukten" muß hinsichtlich der Marktsituation abgewogen werden. Und wer will's CMD verdenken, denn schließlich ist diese Firma das Haupteinkommen der Firmeninhaber - und von Idealismus alleine kann niemand leben.

Doch ist es wirklich Entwarnung? Denn schauen wir uns die "Commodore World", seines Zeichens Hauspostille von CMD, an, so spricht diese eine ganz andere Sprache. Ursprünglich als 8 mal pro Jahr erscheinendes Magazin konzipiert liegt doch die letzte Ausgabe bereits schon Monate zurück. Auch die Qualität der Publikation hat sich gravierend geändert - nicht nur, daß sie immer dünner wurde, zu guter letzt fiel sogar die Umschlagfarbe den Einsparungen zum Opfer. Die Zeichen sprechen dafür, daß zumindest die "Commodore World" bald eingestellt wird, wenn sie es nicht gar schon inoffiziell ist. Dies würde insbesondere den US-amerikanischen Commodore-Markt sehr treffen, denn diese Zeitschrift war mit das letzte kommerzielle Printmedium für die alten Commodore-Computer.

Zumindest dieses und hoffentlich auch nächstes Jahr brauchen wir uns keine Gedanken darüber zu machen, ob CMD den Vertrieb von Commodore-Produkten einstellen wird - die weitere Zukunft wird's zeigen, ob genügend C64-Freaks ihrem heißgeliebten Brotkasten die Stange halten und auch bereit sind, sich für diesen noch Zusatzhardware zu kaufen: Denn nur dann wird es sich auch für CMD lohnen...

Gleichermaßen mag uns dies aber vor Augen führen, wie sehr wir C64/128-Freaks uns gewissermaßen in die Abhängigkeit von einer einzigen Firma begeben haben - und so ergeht an dieser Stelle nochmals der Aufruf:

Habt Ihr interessante Hardwareprojekte, die noch der Veröffentlichung harren? Kennt Ihr solche? Dann meldet Euch. Auch wenn Ihr im Netz veröffentlichte Hardware nachgebaut und entsprechende Treiber bzw. Kernel-Erweiterungen geschrieben habt - her damit. Mehr denn je sind nun die Heimentwickler und Hobbybastler gefragt, ihren heißgeliebten Commodore-Rechner am Leben zu erhalten.